Leistungskurs Chemie im 4. Semester am Gymnasium Ohmoor / Hamburg      © C.-J. Bautsch  30. Mai 2002

 

Praktikum: Eisenchemie

Ein Versuchsprotokoll von Kendra Schröder und Solveig Detert.

 

Angeregt von einer Versuchsbeschreibung  der Fachzeitschrift "Praxis der Naturwissenschaften Chemie" (Heft 8/48, Dez. 1999, Seite 6)  erprobten wir Reagenzglasversuche zur Eisenchemie. Die von Professor Wiskamp / FH Darmstadt beschriebene Versuchsreiche vereinigt geschickt eine Vielzahl von Reaktionen am Eisenion bei geringer Abfallmenge. Mit unseren Kenntnissen am Ende des Semesterthemas "Komplexchemie" haben wir versucht die Beobachtungen zu deuten.
 

 

 

Materialien und Chemikalien:  
großes Reagenzglas, Spatel, Tropfpipetten, Stativ zum Aufhängen des Reagenzglases, Digitale Fotokamera

Eisensulfat FeSO4 * 7 H2O; in 20 ml Tropffläschchen Lösungen von Natriumhydroxid 10%ig, Wasserstoffperoxid H2O2, 15 %ig, Salzsäure 25%ig, Kaliumthiocyanatlösung 10 %ig, , Natriumfluoridlösung konz., Kaliumhexacyanoferratlösung 3 %ig,  dest. Wasser

 

Hinweise auf besondere Gefahren und
dem Umgang mit dem „Abfall“:

Eisensulfat                    mindergiftig        Xn
Natriumhydroxid          ätzend                C
Wasserstoffperoxid      ätzend                C
Salzsäure                     ätzend                C
Natriumfluorid             mindergiftig        Xn

 


Durchführungsschritte, jeweils mit  Beobachtungen und Deutungen


 

1.) In einem Reagenzglas mit 3 ml Wasser und einem Tropfen Salzsäure wird eine Spatelspitze Eisensulfat gelöst.   

Nach Umschütteln ergibt sich eine klare, farblose Flüssigkeit.

Es bildet sich eine Eisensulfatlösung:          [FeSO4 * 7 H2O](s) ==> Fe2+(aq) + SO42-(aq) + 7 H2O

 

 

 


2) Zugabe von 1 - 2 Tropfen Natronlauge

Bei der Zugabe von Natronlauge bilden sich zunächst grüne Flocken, die sich am Boden absetzen. Nach dem Umschütteln wird die Flüssigkeit leicht bläulich, der grüne Bodensatz bleibt.

 


Es handelt es sich hier um ausfallendes Eisen-II-hydroxidFe(OH)2 

 Fe2+(aq) + SO42-(aq) + 2Na+(aq) + OH-(aq)  à [Fe(OH)2](s)¯ + 2Na+ (aq) + SO42- (aq)  


3.) Zugabe von 1-2 Tropfen Wasserstoffperoxid

Es bilden sich zunächst 4 Phasen: Grünblau / Orange / transparent / Grünblau

Nach dem Umschütteln entsteht eine orangefarbene, milchige Trübung in der Flüssigkeit.

In dem basischen Milieu findet eine Oxidation von Eisen-II -  zu Eisen-III - hydroxid statt. Wasserstoffperoxid reduziet sich zu Hydroxidionen. Das Eisen-III-Hydroxid bildet eine Suspension.

 2[Fe(OH)2](s)       +      H2O2     à      2[Fe(OH)3](s)

 


4.) Zutropfen von Salzsäure bis eine klare Flüssigkeit entsteht.

Erst nach Umschütteln entsteht ein durchgängig transparente, gelbe Lösung.

Es findet ein Neutralisation statt und danach bildet sich ein Pentaquachloroeisen - Komplex.

               [Fe(OH)3] (s)      +       3H3O+ (aq)  +   3Cl-(aq) à

 [FeCl(H2O)5]2+  (aq)      +        H20           +    2Cl-(aq)

 


5.) Zugabe von 1-2 Tropfen Kaliumthiocyanatlösung

Beim Zusammentreffen der beiden Chemikalien bilden sich blutrote Wolken. Nach dem Umschütteln wird die ganze Lösung blutrot. Sie bleibt dabei transparent.

Der Chloro-Komplex ist weniger stabil und daher wird  bei tropfenweiser Zugabe der Kaliumthiocyanatlösung. ein Ligandentausch am Eisen stattfinden..Es entsteht der stabilere Pentaquathiocyanatoeisen-Komplex. Wenn die Konzentration von der Kaliumthiocyanat-Lsg. weiter erhöht wird, werden weitere Wasser - Liganden ausgetauscht. Die Energiedifferenz zwischen den eg- und t2g-, also den  bindenden und antibindenden Orbitalen verkleinert sich laut spektrochmischer Reihe, es tritt ein bathochromer Effekt auf.

             [FeCl(H2O)5]2+(aq)     +      SCN- (aq) à

[Fe(SCN)(H2O)5]2+(aq)   +      Cl-(aq)  

 


6.) Zugabe von Natriumfluoridlösung (tropfenweise)

Es bilden sich zunächst 2 Phasen- im oberen Bereich ist es gelb und durchsichtig. Nach dem Umschütteln ergibt sich eine klare orangegelbe Flüssigkeit. Bei weitere Zugabe wird die Flüssigkeit farblos - klar.

Bei der Zugabe von Natrumfluorid stellt sich  ein Pentaquafluoroferrat - Komplex ein, da dieser stabiler ist als der vorherige Komplex. Es findet also wieder ein Ligandentausch statt. Stabile Komplexe entstehen, wenn harte Kationen mit harten Liganden bzw. weiche Kationen mit weichen Liganden zusammentreffen. Problematisch hierbei erweist sich, dass das Eisen-III-Ion aufgrund seiner Stellung im Periodensystem der Elemente (Übergangsmetalle!) eine Mittelstellung zwischen  „hart“ und „weich“ einnimmt.

Nach und nach  wird also der Pentaquathiocyanat-Komplex vom Natriumfluorid zerstört und es entsteht Hexafluoroferrat:

     [Fe(SCN)(H2O)5]2+(aq)     +       6Na+ (aq) + 6F- (aq)    à

6 Na+(aq) + [FeF6]3-(aq)        +       SCN-(aq)      +     5H2O


7.) Entstehung eines Pigmentes durch Zugabe von 1-2 Tropfen  Kaliumhexacyanoferratlösung

Es entsteht eine blaumilchig getrübte Substanz, in welcher sich dunkelblaue Kristalle befinden (auf dem Foto leider nicht zu erkennen!)

Es entsteht Berliner Blau, das sich nur teilweise löst. Dabei tritt außerdem ein bathochromer Effekt ein. Die tiefe Farbe wird mit einem Ladungstransport zwischen den Eisen-II - und Eisen-III - Ionen des Komplexes erklärt (Charge-transfer).

            4K+(aq) + [Fe(CN)6]4-(aq)        +        3Na+((aq) +  [FeF6] 3-(aq)     à 

                  K[FeIIIFeII(CN)6] (s) ¯         +       4K+(aq)   +   3Na+(aq)  +  6F-(aq)    


8.) Zerstörung des  Pigmentes durch Zugabe von Kaliumhydroxid-Plätzchen bis die Flüssigkeit farblos ist

 

Auf dem Bild  sieht man die KOH-Plätzchen, die auf den Grund gesunken sind. Nach kräftigem Umschütteln wird die Flüssigkeit farblos und der Komplex ist zerstört (rechtes.Bild). Es kommt zu starker Erwärmung!

Der Berliner Blaukomplex ist nicht laugenbeständig, da die Cyanidionen durch Hydroxylgruppen ausgetauscht  werden. Diese spalten die d-Orbitalterme geringer als die Cyanidionen. Daher haben Cyanokomplexe meist low-spin-Konfigurationen. Also tauscht ein Cyanidion nach dem anderen den Platz mit einer Hydroxylgruppe bis Eisen-III-hydroxid und wieder Kalium-hexacyanoferrat(II) entstanden ist. Reaktionsgleichung:

             K[FeIIIFeII(CN)6] (s)      +     3K+(aq)  + 3OH-(aq) + 6H2O à

4K+(aq) +   [Fe(CN)6]4-(aq)       +        [Fe(H2O)6]3+(aq) + 3OH-(aq)

Die Energiedifferenz der Ligandenfeldaufspaltung in den Endprodukten zwischen den eg und t2g - Orbitalen ist nun zu groß, um das Molekül  farbig erscheinen zu lassen.